Samstag


Rumjana Zacharieva: Am Grund der Zeit - Gedichte.
Neuauflage Andiamo-Verlag, Mannheim 2013
Paperback, 116 Seiten,12.90 Euro
ISBN 978-3-936625-20-2

Zu diesem Buch, dessen Neuauflage »überfällig« war...

Der Band - Gedichte 1979-1993, mit fünf Zeichnungen von Petko Antonov - erschien 1993 im Avlos Verlag St. Augustin in erster Auflage. Inzwischen ist das Buch längst vergriffen, der Avlos-Verlag aufgelöst. Geblieben sind die Gedichte und auch der damals gedruckte Klappentext hat unverändert Gültigkeit:

"Die Gedichte Rumjana Zacharievas, der deutsch schreibenden Bulgarin, ziehen sich nicht auf die Innerlichkeit zurück. Sie beziehen viel mehr dezidiert Stellung zu den Problemen der Welt, der atomaren Bedrohung ebenso wie der Problematik der in Deutschland lebenden Ausländer. Das Erstaunliche dabei ist, dass dies nie plakativ, nie vordergründig geschieht, sondern immer in der Ganzheit von Wahrnehmung, physischem Erleben / Erleiden und bewusstem Widerstand gegen das bloße Sich-Abfinden mit dem Status Quo. Wer Rumjana Zacharieva kennt, weiß, dass es bei ihr Künstlichkeit nicht gibt. Ihr Leben und Schreiben vollziehen sich mit einer Art von Notwendigkeit, die schließlich auch den überwältigt, der an Gedichte literarische Maßstäbe des WIE anlegt: wie man heute noch schreiben darf und wie nicht.
Eine große Rolle spielt die Zeitlichkeit in ihren Gedichten, vom Altern im und am weiblichen Alltag bis hin zur Weigerung, die Zeitenfolge hinzunehmen: ´Gestern bin ich ein Baum. / Heute werde ich Wasser sein. / Morgen war ich ein Lied. / Jemand hat sich die Zeit ausgedacht. Ich lache darüber.´
Diesen Worten von Thomas Frahm aus dem Jahr 1993, habe ich heute, zwanzig Jahre später, nichts hinzuzufügen.
Mannheim im Januar 2013, für den Andiamo-Verlag: Klaus Servene

Weitere lieferbare Bücher von Rumjana Zacharieva sind im Horlemann-Verlag, Berlin, erschienen:
Sieben Kilo Zeit, Bärenfell, Transitvisum fürs Leben - Romane
In Vorbereitung: Traumwechselstörung II, Gedichte, Voraussichtlicher Erscheinungstermin Herbst 2013.

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Rumjana Zacharieva wurde 1950 in Baltschik/Bulgarien geboren. Bereits 1964 erschienen erste Veröffentlichungen in der überregionalen Presse Bulgariens. 1970 machte sie Abitur am Englischsprachigen Gymnasium in Russe an der Donau (ehem. Rustschuk Elias Canettis). Bis zu ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland 1970 besaß sie keine Kenntnisse der deutschen Sprache. Bulgarisch, Russisch und Englisch waren die drei Sprachen, die sie beherrschte. Nach einem Jahr Deutsch im Sprachlabor und Studienkolleg an der Universität Bonn studierte sie Anglistik und Slawistik und schloss 1977 ihr Studium mit dem M.A. ab.

Seit 1975 schreibt R. Zacharieva deutsch, seit 1989 auch für den Rundfunk. Sie bezeichnet sich als »nichtmuttersprachliche Deutschautorin bulgarischer Herkunft«, veröffentlicht ausschließlich auf Deutsch:

Geschlossene Kurve, Gedichte mit 6 Originalholzschnitten von HAP Grieshaber, 1978, 1979; Fegefeuer, Gedichte, 1979; Themenheft Bulgarien – Die Horen 124; Kriva zatvorena, (bulgarische Gedichte), 1984; Eines Tages jetzt oder Warum verändert Elisabeth Schleifenbaum ihr Leben, Erzählung, 240 Seiten, 1987, 1995; 7 Kilo Zeit, Roman einer bulgarischen Kindheit – 1991, 1993, 1999, 2006, Neuauflage 2013 geplant; Poslednata shena, (bulgarische Gedichte) 1992; Am Grund der der Zeit, Gedichte, 1993; Obmjana na sanischta (bulgarische Gedichte) 1997; Bärenfell, Roman 1998, Die geliehenen Strapse, satirisch-erotische Kurzgeschichten 1998, 2002; Gott ist ein Mann, der seine Hemden selbst bügelt, Gedichte, 2002, 2004; Die 10 Gebote, atheistisch gesehen, Texte für den WDR 5, 2003; Transitvisum fürs Leben, Roman 2012;

7 Kilo Zeit, Bärenfell, Transitvisum durchs Leben – Hörspiele, WDR 3, ORF u.a.: Der Präsident in Opposition, Zerkratzter Himmel, Poesie auf Rädern u.a. - literarische Features zum Thema Bulgarien, WDR 3, HR, DR u.a.; eigene Textreihen zu Weihnachten und Fastenzeit im WDR 5.

Sternenjagd, Theaterstück (UA Severins-Burg-Theater Köln, 2009);

Zahlreiche Übersetzungen aus dem Bulgarischen: Gedichte von K. Pavlov, Blaga Dimitrova, Radoj Ralin, R. Leonidov, Prosa von Ivajlo Petrov, Nikolaj Tabakov u.a.

Förderpreis des Landes NRW 1979 und Literaturpreis der Bonner LESE 1999 – beide zum ersten Mal verliehen an eine Ausländerin, die deutsch schreibt; Stipendien der Kunststiftung NRW (2004) und des Kultusministers des Landes NRW (2008) für den Frauen-, Migrantinnen- und Migranten-Roman Transitvisum fürs Leben, erschienen im März 2013.

Rumjana Zacharieva lebt seit 1970 in Bonn. Sie ist Mitglied des VS/NRW, des Deutschen P.E.N. u.a..

Pressestimmen zur Lyrik von Rumjana Zacharieva:

Die Bilder, die Rhythmen halten sich in ihrer poetischen Offenheit so frisch, als seien sie wissend, ertragend, ja kämpferisch den fragwürdigen Aufbrüchen unserer Zeit ausgesetzt. Jeder Bibliothek mit deutsch-europäischer Lyriksammlung empfohlen!
Die neue Bücherei

Rumjana Zacharieva, deren Gedichtband ´Am Grund der Zeit´ von einer Sinnlichkeit ist, die ans Herz greift….Ein Gedichtband, den man an einem Stück liest.
Wetzlarer Neue Zeitung

Im ´Land der verlorenen Muttersprachen´ vermag die Bulgarin eine eigene lyrische Melodie zu entwickeln. (…) Persönliches wird mit Schicksalen verknüpft, die sie beobachtet, erlebt, kommentiert. In eine unaufdringlich rhythmische Sprache kleidet die Lyrikerin, was sie beschäftigt, empfindet und schafft dabei eine eigene Bilderwelt, die phantasievoll, griffig, atmosphärisch ist. (…) Sprache ohne Zuckerguss, Weiblichkeit, ohne sie zum Kampfsignal zu verfremden, Leiden an der Unzulänglichkeit des Menschen.
Nordbayerischer Kurier

Ohne verbalen Bombast trifft die Autorin mitten ins Herz und spricht offen und frei aus, was zwischenmenschliches Verhalten oft schwer macht. Als nichtmuttersprachliche Schriftstellerin schreibt Rumjana Zacharieva in der Kultur ihrer Herkunft und gleichzeitig aus der Sicht einer deutschen Bürgerin. Zwei Perspektiven, die sie in ihrer Lyrik äußerst interessant miteinander verknüpft.
Fränkische Landeszeitung

Am Grund der Zeit. Stützpunkte. Winteräpfel. Geschlossene Kurve. Im Nabelkrater. Schon diese Wortschöpfungen zeigen, wie provozierend sie formuliert, um aufzurütteln, Bewusstsein zu schaffen. Sie ist auf der Suche nach Stützpunkten, stellt Kernfragen, will Wege auf krummen Straßen finden. Jedes Wort ist ihr wichtig in all seinen Schattierungen und Nuancen.
Der evangelische Buch-Berater

Voll Humor, Poesie und origineller Bilder auch ihre Gedichte (...) Intelligent, aber keineswegs kopflastig sprachspielt Rumjana Zacharieva mit der Zeit – und macht sich bildreiche Gedanken über die Sprache.
Rheinische Post

Ihre Gedichte beschreiben in beeindruckender Weise die Situation einer Autorin in fremder Sprachwelt; ihre z.T. parabelartigen Sprachbilder sind zutiefst berührend.
Bibliothek für alle

Die nicht muttersprachliche Erfahrung der deutschen Sprache entwickelt eine außerordentliche Sensibilität und sprachliche Präsenz. Daraus entwickelt sich eine Poesie, die in ihren stärksten Stellen hypnotische Kraft zeugt.
Junge Welt, Berlin

Besser als alle abstrakten Bestimmungsversuche (...) beschreibt, finde ich, die Situation eines Autors in fremder Sprach-Welt die Parabel von Rumjana Zacharieva: ‚Überleben war sein erster Gedanke, als der Fisch am Strand erwachte, doch da stand schon ein Vierbeiner vor ihm, wälzte ihn ein paar Mal im Sand herum ... Der Fisch roch ihm zu sehr, war ihm zu fremd und schlüpfrig, und er ließ ihn links liegen. In seiner Verzweiflung richtete sich der Fisch auf, wollte den ersten Schritt machen ... Du wirst nie richtig laufen lernen, sagte der Vierbeiner zum Fisch. Macht nichts, sagte der Fisch, ich will ja fliegen!’
Rainer Zimmer FAZ, 1986, Nr. 286, zum Thema: »Eine nicht nur deutsche Literatur«