Aus dem Archiv: Mannheimer Europabreviere - Mit Zuversicht in die Weite!

Mit Zuversicht in die Weite - 2. Mai 2012 Café Prag, Mannheim. 

Autorenlesung und Buchvorstellung: »Grenzenlos«. Ein literarisch engagiertes Europabrevier aus Mannheim. Mit Klaus Servene, Minnet Atil, Bettina Franke, Helga Grimme und Farhad Ahmadkhan - Café Prag, E 4, 17. Die gut besuchte Lesung im Rahmen der Mannheimer Europawoche 2012 - mit anschließender lebhafter Diskussion - wurde von KulturQuer-QuerKultur Rhein-Neckar e.V., dem Förderkreis deutscher Schriftsteller in Baden-Württemberg e.V. und dem Europa Direkt Informationszentrum Mannheim durchgeführt. Alle Bilder: Dieter Dumont. 

"Bruchstück 2020" --- Ich möchte Ihnen – zu Beginn des heutigen Abends – gerne das Buch vorstellen, das seit Oktober des letzten Jahres als kleines Nischenprodukt doch relativ große Wirkung erzielt hat.
„Bruchstück 2020 - Über Kultur, Stadt und das Kap Europa“, betitelt Dr. Jürgen Nielsen-Sikora von der Universität Köln seinen fundiert Europa- und Kulturhauptstadt-kritischen Essay, der den Schlusspunkt in der Anthologie grenzenlos setzt. Wir hatten überlegt, den Essay ganz oder auszugsweise vorzutragen, doch empfehlen statt dessen die Lektüre, die mit den Modellen einer radikalen Verwertung auch der Kultur ins Gericht geht; mit dem Diktum der EU-Institutionen, die "Entwicklung eines hochwertigen und innovativen Kulturtourismus" sei notwendig, wobei alles zur Kultur zähle, was den Tourismus befördere, und wobei in einer möglichst komplett merchandisierten Kultur "die Wünsche der Besucher mit denen der örtlichen Bevölkerung in Einklang zu bringen seien".

„Durften aus diesem Grunde die Säcke mit den Leichen der Flüchtlinge in Absprache mit Gaddafi zurück nach Libyen geschickt werden?“ - fragt Sikora - und: „Welchen Beitrag leistet so ein Leichensack eigentlich zur Kulturgeschichte Europas? Muss man die 20 000 Flüchtlinge, die in den vergangenen Jahrzehnten an Europas Stränden und im Mittelmeer ertrunken sind, nicht den 21 toten Ravern (der Duisburger Love-Parade) beiseite stellen, um sich das wahre Ausmaß der europäischen Kultur und des nackten Lebens vorstellen zu können?“

Sikora konfrontiert die lärmende und zugleich drastisch-brisante Wirklichkeit mit den mythologischen Wurzeln, mit der Argo und den Argonauten, sieht „Europa als Kap, als geistige Geografie, „als das Kap des Anderen, vor dem es sich zu verantworten hätte.“ „Die Europäer müssen sich“, fordert er, „samt ihrer Kultur, ihrer Politik, Literatur und Kunst auf jene zubewegen, die sie nicht sind, auf das andere Kap. Das Kapital Europas gehorcht somit nicht allein dem Gesetz der Ökonomie, es ist zugleich das kulturelle Kapital, das auf dem Spiel steht. Mit dieser Art Kapital geht zugleich die Verantwortungspflicht Europas einher, die uns nicht nur zwingt, den Fremden aufzunehmen, um ihn einzugliedern, sondern auch, ihn aufzunehmen, um seine Andersheit zu erkennen und anzunehmen.“

„Wie, wenn wir wieder leiser und diskursiver Europas Kultur feierten?“ - fragt der Wissenschaftler: „2020 böte einen Anlass, einmal kritisch Europas Kulturbegriff zu hinterfragen. Mannheim wäre ein geeigneter Ort, eine Einladung an die Ausgeschlossenen auszusprechen; ein geeigneter Ort, über den Konflikt zwischen Gesetz und Freiheit nachzudenken - in der Politik, in der Literatur, auf der Bühne. Über jenen Konflikt, der Thema der Uraufführung von Schillers Die Räuber war.“

Wir haben die heutige Veranstaltung in voller Kenntnis der realen Misslichkeiten: „Mit Zuversicht in die Weite genannt“ – so nämlich hat Dr. Thomas Groß im Mannheimer Morgen die Rezension des heute zu verhandelnden Readers betitelt: „ein literarisch engagiertes Europabrevier“. Er führt aus:
„Die Verbindung von Literatur und Engagement, die der Untertitel beschwört, klingt eher ein wenig gestrig als zeitgemäß. Wenn sich indes diese (er nennt Verlag und Herausgeber) Anthologie grenzenlos als literarisch engagiertes europabrevier bezeichnet, dann hat es mit der Kombination seine Richtigkeit - und erscheint sie auf der Höhe der Zeit. 

Das Problem Europas, so der Mannheimer Germanist Jochen Hörisch in einem Gespräch, das den Band eröffnet, sei es, nicht mehr auf die ureigene Fähigkeit zu vertrauen, anders werden zu können. Gerade in der aktuellen (Finanz-) Krise seien der Einzelne und die Gesellschaft wieder in fruchtbaren Bezug zu bringen. Dabei kann die Gemeinschaft stiftende Literatur helfen, und sie kann es vielleicht sogar besonders in Mannheim, das europäische Kulturhauptstadt werden möchte und sich als multinationale Metropole im Herzen Europas empfindet. Das sah offenbar auch das städtische Kulturamt so und hat die Publikation unterstützt, die sich als Fortsetzung des zum Stadtjubiläum 2007 veranstalteten Kurzgeschichtenwettbewerbs grenzen.überschreiten versteht. Versammelt sind hier Auszüge längerer Texte oder auch kürzere, abgeschlossene Prosastücke von Autoren, die aus europäischer Perspektive schreiben und zumeist einen Bezug zur Region haben. In Wachen und wach werden des Bulgaren Vladimir Zarev überschreitet ein alter Wachmann Grenzen, indem er die Romane Thomas Manns für sich entdeckt. Da geht es ihm besser als dem Flüchtling Ion aus Rumänien, der in einer Geschichte Dimitré Dinevs in einer Welt lebt, in der man seine Existenz nur durch ein Stück Papier und nicht durch eine große Liebe ausweist. Wie Wohlstandssorgen wirken dagegen die Bemühungen eines Autors in einem ironischen Text Rolf Bergmanns: Er ringt mit sich und dem Anspruch, Stadtschreiber zu werden. Eine Empfehlung Marica Bodrozics aus der Prosaminiatur Die innere Spur deines Namens könnte auch für ihn gelten: Trag dich mit offenen Worten hinaus in die Weite. 

Damit ist in dem reizvoll vielfältigen Band die europäische Perspektive durch eine universale ersetzt. Ebenso gilt dies für die schöne Wendung aus Meinrad Brauns noch unveröffentlichtem Roman Der Park - das Surren des Motors nähte einen Streifen Zuversicht über meine offenen Fragen. Den Streifen wird man sich wünschen, gleich, ob sich die Frage auf die Gegenwart Europas oder die mögliche Zukunft als Kulturhauptstadt bezieht. Auch das wohl ambitionierteste Projekt, von dem man hier liest, hat damit zu tun. Der im afghanischen Herat geborene Tadschike Massum Faryar, der beim Kurzgeschichtenwettbewerb einen Preis errang, präsentiert einen Auszug aus seinem werdenden Roman Buzkashi. Das Buch will nicht weniger, als Afghanistan verständlich machen. Vom gleichnamigen Nationalsport handelt der Auszug; das ausdauernde, harte Kampfspiel, bei dem Reiter um eine tote Ziege streiten, erhält Symbolwert: Jeder kämpft gegen jeden, der Kadaver ist nur ein nichtiger Anlass. So oder so aber gilt, was Klaus Servene in seiner Abendstille schreibt: Was von uns bleibt, ist wechselhaft. Das darf man auch als Trost nehmen. Auf ihn versteht sich die Literatur ja überall und überhaupt ganz besonders.“ Soweit Dr. Groß. 

Die Frage ist aber auch, inwieweit und bis zu welcher Schmerzgrenze ein Trost, und gar ein Trost per Literatur, noch überhaupt Sinn macht, angesichts des Widerspruchs zwischen Schein und Sein in den Ländern, die sich zu Europa zählen oder zählen wollen; angesichts der so genannten Ekelhäuser mitten in Deutschland, in denen zum Beispiel Romafrauen aus Plovdiv der Prostitution nachgehen müssen und des auch für sie verbrieften Rechts auf unantastbare Würde. Angesichts des Stolzes auf die abgeschaffte Todestrafe und der gleichzeitigen Verstrickungen in Waffenexporte, mafiöse Ausbeutungs- und Herrschafts-Methoden; angesichts der Festungsanlagen rund um Europa, von Bulgarien bis Ceuta und der verbrieften Freizügigkeits- und Asylrechte.

„Die Wirklichkeit in Europa ist keine Verhandlungssache“, schrieb ich in der Einleitung zum Vorgänger dieses Readers, zum Europa-Lesebuch „Grenzen.Überschreiten“, das inzwischen – bis auf wenige Restexemplare (erhältlich bei Bücher Bender) vergriffen ist – „auch wenn es manche so sehen. Sie verbirgt sich heimtückisch hinter den Fakten und bewegt sich deutlich oberhalb der Empfindungen. Sie ist eine große Idee und lauter kleine Dinge. Die Wirklichkeit in Europa ist eine Kunst! Im vorliegenden Fall ist sie Erzähl-Kunst, Literatur.“ 

Doch was bietet Erzählkunst gegen eine Wirtschaftswelt, deren Zweck sich in Konzentration und Rationalisierung erschöpft, mit dem Kollateralschaden großer Zahlen von Menschen, die aus dem Wertschöpfungslauf herausfallen. Wenn die materiellen Grundlagen der Kultur verfallen, verfallen dann nicht auch Bildung und Kunst? Im Würgegriff der Einsparungen erstickt? Aus Utopien werden Akten, aus Begeisterung wird bestenfalls Gleichgültigkeit. „Nur noch die Intellektuellen im Kaffeehaus diskutieren die verlorenen und heraufziehenden Visionen von Europa - das keine klaren Grenzen hat und sich als gemeinsamer Ort vieler Kulturen nur auf nachlässige Toleranz und die Verwandlung von Problemen in ungewisse Prozesse verlässt.“ (Ditha Brickwell)

Wenn ich hier und heute dennoch erneut dem Prinzip der Grenzüberschreibung, ja gewissermaßen der Verdrängung der Wirklichkeit, das Wort rede, dann in der Überzeugung, dass wir eine eigene Wahrheit finden - und gestalten müssen - und können. Eine Wahrheit, eine Literatur, die Beulen macht, um mit Sikora zu sprechen, die es so ermöglicht, Trost und Zuversicht neu zu erfinden (und zu spenden) auch und gerade im Angesicht des großen Fiaskos, als das sich Europa geriert. Woraus sonst sollte sich eine Lösung eröffnen, wenn nicht aus der Kulturvielfalt heraus, deren wesentlicher Kern nun mal die Sprache ist? 

Der neuartige Reader „grenzenlos“ ein literarisch, also über die nationalen Grenzen, engagiertes „Europabrevier“, ist ein verhältnismäßig kleiner logischer Schritt, um einen lange begonnenen Diskurs fortzusetzen, der sich auch in der Lesereihe Europa-Morgen-Land, diesjährig in der 11.Staffel bereits durchgeführt, manifestiert hat. Hier lasen AutorInnen, deren erste Sprache nicht Deutsch war bzw. ist. Vor ein paar Jahren gab es – sozusagen als „Nachhaltigkeits-Höhepunkt“ das Europalesebuch „grenzen.überschreiten“ als das Fazit eines Internationalen Wettbewerbs, zum Thema Migration und Europa. Ein so genannter Migrationshintergrund war weder Bedingung noch Hinderungsgrund, Beiträge zum Thema einzusenden; und es konnten so zum Beispiel das deutschsprachige literarische Debüt von Massum Faryar „Der Rucksack“ sowie ein Vorabauszug aus Zsuzsa Bánks letztem Roman „Die hellen Tage“ erscheinen.

Das Ziel auch des neuen Readers war folgerichtig, gerade in einer für Europa höchst schwierigen Zeit, in der die Versprechungen an der Realität zerbrechen, dennoch einen Beitrag - gleichsam „von unten“ - zur europäischen Integration zu leisten. Hierbei zu versuchen, auch noch unbekannten Autorinnen und Autoren ein Podium zu bieten, sowie bekannte Stimmen zu hören. Das im Bewusstsein, dass es neben den Leuchttürmen und Massenevents aus Sport, Musik etc. gerade auch der Sprache, der Literatur braucht, das kann man nicht oft genug herausstellen; der vielen Vereinzelten, um eine Gesellschaft komplett zu machen. Schließlich leuchten hundert Laternen vielleicht nicht mehr als ein Leuchtturm – aber sie bedeuten Vielfalt, eine Attraktivität auf Augenhöhe sozusagen, im besten Fall auch Ansporn, selbst zu denken, zu handeln, statt vor der Höhe der Macht zu kapitulieren - also bedeuten sie mehr - in einer Zeit, in der es wirklich auf Sinn ankommt! 

In der Erstausgabe des Breviers sind - dankenswerterweise übrigens honorarfrei - Leseproben aus noch unveröffentlichten Romanen von Vladimir Zarev (Sofia), Massum Faryar (Berlin), Meinrad Braun, (Mannheim) zu finden. Die relativ große Wirkung, von der ich eingangs sprach zeigt sich nicht zuletzt darin, dass doch einige Beteiligte aus der Nische in das Vestibül der Aufmerksamkeitsvilla namens Literatur gelangt sind. Mittlererweile war der Zarev-Übersetzer Thomas Frahm nominiert zum Preis der Leipziger Buchmesse 2012 und dadurch im Focus diverser Berichterstattungen. Der dritte Band von Zarevs Weltschev-Trologie heißt „Seelenasche“ und erscheint im kommenden Herbst bei Deuticke im Paul Zsolnay Verlag (Hanser Literaturverlage). Die Leseprobe im Brevier ist aus diesem Roman.

Das Lebenswerk von Massum Faryar - „Buzkashi“ - ist unter Vertrag und erscheint auf Deutsch voraussichtlich im Herbst 2013 bei einem großen Publikumsverlag, was besonders den Verein KulturQuer freuen dürfte, der ihm ja 2008 den (dringend gebrauchten) Sonderpreis ermöglicht hat.

Des weiteren finden sich im Europabrevier Statements, bislang unveröffentlichte Kurzgeschichten, Lyrics, literarische Porträts von - und die Zeit muss sein, alle AutorInnen wenigstens zu nennen: Marica Bodrožić, Thomas Frahm, Minnet Atil, in den letzten drei Jahren als Lehrerin in Kabul tätig, die dankenswerterweise ihren Text gleich selbst liest, Pega Mund, Ariane Böckler, Ina Weixler, Stephan Weiner, Rolf Bergmann, Hanno Millesi, Sabine Trinkaus, deren Text heute von der Schauspielerin Bettina Franke vorgetragen wird, Adolf Kutschker, Charles Bukowski, Sylvie Schenk-Gonsolin, Cherno Albany, Dimitré Dinev, Evelina Jecker-Lambreva, Werner Weimar-Mazur, Thomas Kösters, Rea Revekka Poulharidou, Maria E. Brunner, Siegfried Einstein, Klaus Servene, Doris Bewernitz, die Künstlerin und Schauspielerin Helga Grimme liest den kurzen Text gleich im Anschluss, Martina Sens, Peter-Paul Zahl, die Kurzgeschichte von PPZ wird von Farhad Ahmadkhan vorgetragen.

Dazu enthält der 212-Seiten starke Reader die bereits erwähnten Beiträge von Jochen Hörisch und Jürgen Nielsen-Sikora zur geplanten Bewerbung der Stadt Mannheim zur „Europäischen Kulturhauptstadt“. Ein ausführliches Interview von SHAN e.V., Universität Heidelberg, mit dem Filmproduzenten und Autor Uwe Kräuter, Beijing, - vom Juni 2011 - ist gleichfalls enthalten.
In 2011, auf der Suche nach einem deutschen Verlag, stellte der Autor an der Heidelberger Universität sein in chinesischer Sprache erschienens Buch vor: „In der Grenzüberschreitung – 36 Jahre in der VR China." 

Ich möchte schließen mit einem kurzen Beitrag von Thomas Frahm aus dem „Europabrevier“: Mannheimer Schule für Europa:

Bis 2020 ist es noch gefährlich lange hin. An allen Ecken und Enden der Europäischen Gemeinschaft brennt es. Brennen Feuer, mit großen Euro-Banknoten genährt. Da ist keine Zeit zu verlieren: Mannheim muss sofort, per Eilbeschluss, zur Europäischen Kulturhauptstadt ernannt werden, und nicht nur für ein Jahr, sondern für die Dauer der Krise. Nach Mannheim kommen müssten aber nicht so sehr Touristen und europäische Kulturbürger, sondern Euro-Kommissare und Europa-Abgeordnete, und zwar zur Schule, zur Mannheimer Schule.

Die Mannheimer Schule markiert den Anfang dessen, was als musikalische Klassik in unsere Kultur eingegangen und mit der Freuden-Ode aus Beethovens 9. Sinfonie sogar zur Europa-Hymne geworden ist. Schon vor der Mitte des 18. Jahrhunderts am Mannheimer Hof von Johann Stamitz begründet, ist sie zugleich ein Leuchtzeichen der beginnenden europäischen Aufklärung. Sie hat - zum Zeichen der Gleichheit und Gleichbehandlung aller Menschen - den einheitlichen Bogenstrich für die Geigen im Orchester eingeführt, der uns lehren kann: Einigkeit macht stark! Sie hat die barocke Terrassendynamik abgeschafft, die in ihrer Stufigkeit für die alte, absolutistisch geführte Klassengesellschaft stand, und sie durch eine stufenlose Dynamik ersetzt, die für das freie, ungehinderte Erheben und Senken der Stimme in der Gesellschaft steht.

Die Komponisten der Mannheimer Schule haben auch den Sonatensatz entwickelt, haben das zweite Thema zum gleichberechtigten Widerpart des ersten gemacht, und damit die Grundlagen für jene Streitkultur geschaffen, ohne die ein Klangkörper wie der europäische, der demokratisch sein will, nicht auskommt. Ach ja, und das Horn haben sie ins Orchester eingeführt. Wir könnten es heute als Nebelhorn verwenden, damit Europa nicht aufläuft auf die Sandbänke seiner eigenen Kurzsichtigkeit.

© 2.Mai 2012 Klaus Servene 

*** 

Europabreviere 1, 2 und 3 aus Mannheim

Europabrevier 1 (Klaus Servene, Hg.), 2. Auflage 2013, 216 Seiten, kartoniert, Mannheim: Andiamo-Verlag Monika Kürten, ISBN: 978-3-936625-18-9, € 14.80 (beim Verlag vergriffen)

Interview mit Daniel Glattauer; Jochen Hörisch und Jürgen Nielsen-Sikora zur geplanten Bewerbung der Stadt Mannheim zur "Europäischen Kulturhauptstadt".
Beiträge von Dimitré Dinev, Massum Faryar, Meinrad Braun, Marica Bodrožić, Thomas Frahm, Minnet Atil, Ingeborg Endres-Häusler, Ariane Böckler, Ina Weixler, Stephan Weiner, Rolf Bergmann, Hanno Millesi, Sabine Trinkaus, Adolf Kutschker, Charles Bukowski, Sylvie Schenk-Gonsolin, Cherno Albany, Evelina Jecker-Lambreva, Werner Weimar-Mazur, Rea Revekka Poulharidou, Siegfried Einstein, Doris Bewernitz, Martina Sens, Peter-Paul Zahl, Wolfgang Klein, Ilka Christiane Haederle, Sunil Mann und - aus dem Russischen übersetzt - von Marlies Bilz-Leonhardt und Angelika Starobinskaja: von Marina Stepnova.

Inhalt 2. Auflage Europabrevier 1 (April 2013):
1| »Eine Lust, hier zu leben«|Fragen an Jochen Hörisch|7
2| Mannheimer Schule für Europa|Thomas Frahm|10
3| Eine Fernreise von Nahem|Minnet Atil|11
4| Buzkashi; Leseprobe|Massum Faryar|16
5| Frühstück mit Massum Faryar|I. Endres-Häusler|27
6| Die innere Spur deines Namens|Marica Bodrožić|28
7| Zaungast|Ariane Böckler|33
8| Kirschen im Winter|Ina Weixler|38
9| Stadtschreiber gesucht|Rolf Bergmann|46
10| Dir zuliebe|Hanno Millesi|49
11| Frühstück mit Robert Gernhardt|I.Endres-Häusler |55
12| Günders Grenzen|Sabine Trinkaus|56
13| Frühstück mit Nietzsche|I. Endres-Häusler|63
14| Bilder für den Himmel|Adolf Kutschker|64
15| Mannheim, Germany|Charles Bukowski|65
16| Der Läufer im Regen|Sylvie Schenk-Gonsolin|66
17| Ich denke uns eine Zukunft|Cherno Albany|70
18| Ion|Dimitré Dinev|71
19| Aysel|Evelina Jecker-Lambreva|75
20| Manchmal sind Gedichte|Werner Weimar-Mazur|84
21| Der Park; Leseprobe | Meinrad Braun|85
22| Die Träume der Fische|R. R. Poulharidou|97
23| Schlaflied für Daniel|Siegfried Einstein|102
24| Altes und neues Alphabet|Martina Sens|104
25| Courage |Doris Bewernitz|1o6
26| Dienstanweisung | Ilka Christiane Haederle |110
27| Der Brief|Sunil Mann |118
28| Der Termin|Sunil Mann |126
29| Interview mit Daniel Glattauer|Stephan Weiner|135
30| Eine Handvoll Unordnung |Stephan Weiner|141
31| Auf zum Erdbeerparadies|Peter-Paul Zahl|153
32| Bruchstück 2020 – Über Kultur, Stadt und das Kap Europa|Jürgen Nielsen-Sikora|159
33| Plopp|Wolfgang Klein |173
34| Regen für alle | Ilka Christiane Haederle |183
35| Europa in Arbeit|Doris Bewernitz |186
36| Donau Blues| Meinrad Braun |188
37| Keinen Fisch!| Meinrad Braun |193
38| Die schwarze Katze | Marina Stepnova |202

Inhalt Erstausgabe 2011:

1| »Eine Lust, hier zu leben« | Fragen an Jochen Hörisch | 7
2| Mannheimer Schule für Europa | Thomas Frahm | 10
3| Wachen und wach werden | Vladimir Zarev | 13
4| Warten auf den Erlöser | Thomas Frahm über Vladimir Zarev | 18
5| Eine Fernreise von Nahem | Minnet Atil | 21
6| Buzkashi; Leseprobe | Massum Faryar | 26
7| Ralf Günther über Massum Faryar | 38
8| Frühstück mit Massum Faryar | Pega Mund | 43
9| Die innere Spur deines Namens | Marica Bodrožić | 44
10| Zaungast | Ariane Böckler | 49
11| Kirschen im Winter | Ina Weixler | 55
12| Zustand #3 | Stephan Weiner | 64
13| Stadtschreiber gesucht | Rolf Bergmann | 66
14| Dir zuliebe | Hanno Milesi | 70
15| Frühstück mit Robert Gernhardt | Pega Mund | 77
16| Günders Grenzen | Sabine Trinkaus | 78
17| Frühstück mit Nietzsche | Pega Mund | 86
18| Bilder für den Himmel | Adolf Kutschker | 87
19| Mannheim, Germany | Charles Bukowski | 88
20| Der Läufer im Regen | Sylvie Schenk-Gonsolin | 89
21| Ich denke uns eine Zukunft | Cherno Albany | 94
22| Ion | Dimitré Dinev | 95
23| Aysel | Evelina Jecker-Lambreva | 100
24| Manchmal sind Gedichte | Werner Weimar-Mazur | 110
25| Gold-Gräber | Thomas Kösters | 111
26| Der Park; Leseprobe | Meinrad Braun | 116
27| Die Träume der Fische |Rea Revekka Poulharidou | 129
28| Krakau |Maria E. Brunner | 135
29| Schlaflied für Daniel | Siegfried Einstein | 137
30| Abendstille | Klaus Servene | 139
31| Altes und neues Alphabet | Martina Sens | 139
32| Europa in Arbeit | Doris Bewernitz | 141
33| Grenzüberschreitung | Interview mit Uwe Kräuter | 143
34| Robert Menasse via Facebook |Plötzlich eine überbordende Freundschaft | Klaus Servene | 173
35| Vermint; Claus Probst | Buchempfehlung

Thomas Frahm / Klaus Servene (Hg.): europabrevier grenzenlos 2 – eine literarische Bulgarienreise, ein Puzzle & andere Wegbeschreibungen aus der Enge; Andiamo-Verlag Monika Kürten, Mannheim Juni 2012; 248 Seiten, kartoniert; 15.80 €. ISBN: 978-3-936625-19-6 (beim Verlag vergriffen)

>Was beim Lesen erstaunt, ist die Bandbreite der Stile, Formen und künstlerischen Herangehensweisen. Sie reicht von historischen Erzählungen über polemische Reportagen bis hin zur fantastischen Lyrik.< Maria Herlo, Mannheimer Morgen

Die zweite Ausgabe des »literarisch engagierten Europabreviers« hat die Bulgarische Literatur zum Schwerpunkt. Weil es die Herausgeber für wichtig halten, dass möglichst viele Menschen von diesem jungen Mitgliedsland der Europäischen Union doch etwas mehr wissen, als es Schlagzeilen in den diversen Städten und Ländern verkünden können. Stimmen, die Dialogbereitschaft und Respekt befördern, kann es nicht genug geben.
Die dreizehn Stimmen in diesem Buch, die uns sowohl in die Geschichte wie die Gegenwart Bulgariens führen, sprechen vielfach bereits durch ihre Namen: Christo Botev, Stojan Mihajlovski, Konstantin Pavlov, Angel Wagenstein, Vladimir Zarev, Kalin Terzijski, Galina Zlatareva, Ivan Kulekov, Mirela Ivanova, Kristin Dimitrova, Dimo Alexiev, Paraskeva Nikoltscheva-Mau. 

Erstmals wird hier ein Text aus Georgi Markovs »Reportagen« in Deutsch gedruckt, die den Anlass boten für den legendären »Regenschirmmord« am 7.September 1978 in London, dem Geburtstag des damaligen kommunistischen Machthabers in Bulgarien, Todor Shivkov.

In profunden Essays von Jürgen Nielsen-Sikora zu Christian Linder und von Manfred Loimeier zur deutschen Sprache als »zollfreiem Imaginationsraum« setzen auch diese Autoren neue Lese- und Denkimpulse. Auch durch Beiträge von Meinrad Braun und der Herausgeber soll erneut erreicht werden, was - bezogen auf die Erstausgabe - der Mannheimer Morgen: reizvoll vielfältig nannte.

»Meine Sache ist die, im Gesamt der bulgarischen Verhältnisse etwas zu finden, das uns auf beeindruckende Weise einen neuen Akzent dessen vermittelt, was es heißt, Mensch zu sein.« Thomas Frahm

Inhalt:

01| Ivan Kulekov | Ich bin nicht da | 7
02| Vorwort | Thomas Frahm | 11
03| Kyrill und Method | Stojan Mihajlovski | 20
04| Aus dem Vorleben eines Befreiungskämpfers | Galina Zlatareva | 24
05| Hadshi Dimiter | Christo Botev | 42
06| Abraham, der Schluckspecht | Angel Wagenstein | 45
07| Der Oberleutnant und die Nacht | Georgi Markov | 56
08| Das Wunderbare in der Poesie | Konstantin Pavlov | 73
09| Gespräch mit einem Araber | Kalin Terzijski | 77
10| Drohne | Meinrad Braun | 89
11 | Privatkloster | Vladimir Zarev | 90
12 | Bulgarien – das bin ich... | Paraskeva Nikoltscheva-Mau | 102
13| Sieben Gedichte | Mirela Ivanova | 116
14| Kommt er? | Kristin Dimitrova | 126
15| Sechs Versuche in Aufrichtigkeit | Dimo Alexiev | 137
16| Zu Fuß durch Sofia | Thomas Frahm | 146
17| Ein Haus in Bulgarien | Klaus Servene | 164
18| Der Schatten des Körpers des Schriftstellers | Jürgen Nielsen-Sikora | 190
19| Die deutsche Sprache als zollfreier Imaginationsraum | Manfred Loimeier | 233
20| Die Herausgeber| 246

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Lesung, Gespräch, Buchvorstellung Europabrevier Grenzenlos 2 - mit dem Übersetzer, Publizisten und Autor Thomas Frahm (Sofia), Bettina Franke, Dirk Mühlbach, Klaus Servene (alle Mannheim).

Freitag, 9.November 2012, 20 Uhr, Café Filsbach, J6, 1-2, 68159 Mannheim

Veranstalter: KulturQuer QuerKultur Rhein-Neckar e.V. in Kooperation mit dem Förderkreis dt. Schriftsteller in Baden-Württemberg e.V. und der Begegnungsstätte Westliche Unterstadt e.V.

Die Veranstaltung wird aus Mitteln des Förderprogramms Grenzgänger der Robert Bosch Stiftung unterstützt. Der Eintritt ist frei!

Europabrevier 3 in der Edition Andiamo im Wellhöfer-Verlag, Mannheim.

Zum Abschluss der Europabrevier-Reihe Hier der Mannheimer Künstler Franz Bellmann auf seiner Website. 

Nikolaj Tabakov: Ja. Roman. Europabrevier 3. Edition Andiamo im Wellhöfer-Verlag, Mannheim 2013, 464 Seiten, kartoniert, 18€, ISBN 9783954281268

Und da erschrak Kamen Enev (...) sein Herz erstarrte. Es war nicht der Tod, der ihm so viel Angst einjagte, er ängstigte sich nur, weil Matejkos Sterben so lange gedauert hatte, ihn erschreckte der Zaun, den Matejko, Brigadier der dritten Montagebrigade, um sein Grundstück errichtete. Das soll es sein?, fragte sich Kamen Enev. Ist das der Sinn des Lebens?

Ruhig und malerisch liegt es vor unseren Augen: das Tal Stram, im Süden Bulgariens im Rhodopa-Gebirge gelegen. Doch die Ruhe täuscht. In den Wäldern kämpft der Forsthüter Gevatter Wolf gegen Holzdiebstahl und Wilderei - und gegen seine Sprachlosigkeit. Wird ihn die Witwe Sewda heilen? Hoch oben auf dem Berg hat sich in der Enjov-Burg, im Haus seiner alteingesessenen Familie, Kamen Enev niedergelassen. Ein totes Gesicht, das aus dem Dunkel der verregneten Nacht mit Wucht an sein Fensterglas geschleudert wird und plötzlich buchstäblich daran klebt, wird zum Schlüssel der Ereignisse, die folgen. Kamen, der sich als »Heiler« sieht, rettet das Leben von Wesko Maslarov, den man in den Dörfern wegen eines Geburtsfehlers »das Hinkebein« nennt. Aus Eifersucht ist er fast zu Tode geprügelt worden, weil ihn das schönste Mädchen im ganzen Tal, Bozhana, trotz seiner Behinderung zum Freund erwählt hat. Keine Prügel ohne Folgen: Wesko verstummt und wird zum kalten Egoisten ... Die Idylle in den Rhodopen täuscht also ganz gewaltig. Und als Neureiche aus der Stadt versuchen, im Tal Boden zu gewinnen, d.h. es in eine Immobilie zu verwandeln (»Privatisierung«), da gerät selbst der türkischstämmige Schmied Nuri in aufrührerische Wallung. Der Forsthüter macht mobil, auch die Roma Agamemnons beteiligen sich begeistert am Widerstand gegen die von korrupten Geschäftemachern in Politik und Wirtschaft gesteuerte Staatsmacht ... wie wird es weitergehen? Mit den Leuten vom Stram-Tal, mit der schönen Bozhana, mit Kamen und dem schließlich schriftstellernden Wesko? Mit dem Kampf um Anerkennung, um Erhaltung der eigenen Würde, um Lebenssinn? Und wie wird es enden?

Das Drama im Menschen wird hier entworfen. Und dessen andere, realistische Seite, die Komik. Eine Welt am Rand Europas wird hier erschaffen, und ja, zugleich ein Panorama, das uns alle angeht, erst recht uns Europäer.

Die bulgarische Literaturkritik bescheinigte dem Autor den Status einer »außergewöhnlichen Begabung in der literarischen Landschaft des Landes«, rühmte seine Tragikomik und seine »saftige bulgarische Sprache«, sowie seine Fähigkeit, »am Puls der Zeit« zu sein.

Mit dem Roman »Ja« erscheint nun erstmals ein Werk des Autors in deutscher Sprache, von fein und zugleich tiefsinnig bis »saftig deutsch« übertragen von der Lyrikerin, Romanautorin und Übersetzerin Rumjana Zacharieva. 

Von links: Dirk Mühlbach, Bettina Franke und Klaus Servene mit dem Roman ‚JA‘ von Nikolaj Tabakov am 14.05.2013 im KulturCafé Filsbach, Mannheim


 



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