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Der lange Arm - Nowhere Point - Madame Bourgin - Der Fall Odile Féret - Der Rücken des Vaters - Almuts Affären: Romane von Jan Turovski

Jan Turovski: Der lange Arm, Roman, 196 Seiten, Paperback, 13.90 €, ISBN 978-3-936625-64-6

Die USA vor der Jahrtausendwende: In einer schmucken, unauffälligen Stadt bei Chicago. Hier praktiziert der anerkannte Hypnotherapeut Dr. Warren Peach, aus gutem Bostoner Haus. Eines Tages sucht ihn die ältliche, wohlhabende Ms. Cahill auf, mit einem neunjährigen Jungen an der Hand, der an einer Unterform des Autismus leidet. Außerdem erreicht ihn der Anruf eines »alten Bekannten« aus längst verdrängter Vergangenheit. Als ihm Dr. Peach seine Hilfe verweigert, entführt der seine schwierige Frau Brenda ...

Wir folgen Peach bei seinem Versuch, die verschiedenen, von nun an durcheinander geratenden, Lebenslinien im Griff zu behalten. Vor unseren Augen breitet sich ein Panorama des organisierten Verbrechens in Chicago und New York aus, aber nicht als Zuschreibung an die Adresse der üblichen Verdächtigen, sondern als spannungsvolles Psychogramm eines vermeintlich souveränen Kontrollfreaks.

»Wie Turovski sprachlich und kompositorisch kühn Spannung aufbaut und hineinführt in die Neurosen eines Hypnotiseurs, der in Sex und Gewalt Linderung für seine beschädigte Seele sucht, ist schlicht meisterhaft.« Mannheimer Morgen 9. Mai 2015 - Vollständige Rezension Hier.

Besprechung Bonner Generalanzeiger Hier.

Besprechung Junge Welt Hier

"Mit Sogwirkung" Besprechung Michael Lehmann-Pape Hier.

Dr. Ilse Zilch-Döpke, Berlin:

Jan Turovski hat ein neues Buch vorgelegt, ein Buch neuen Genres. Ist es ein literarisches Portrait, eine Lebensgeschichte, ein Krimi, ein Psychokrimi?

Im Mittelpunkt des Geschehens steht ein Psychotherapeut, der seine Patienten mit den Mitteln der Hypnose von ihren psychischen Einschränkungen zu befreien sucht, selber aber kein unbeschriebenes Blatt ist.

Sehr geschickt wird der Leser durch die interessanten Anamnesen verschiedener Patienten mit dem amerikanischen way of life und den vielfältigsten Schicksalen bekannt gemacht. Mit gewohnter Meisterschaft zeichnet der Autor viele Milieus in Chicago und Umgebung, die ihm aus persönlicher Anschauung bestens bekannt sind und deshalb absolut authentisch wirken.

Auch das Gewerbe des Helden ist ihm offensichtlich nicht unbekannt. Viele stimmige Details der Behandlungsmethoden und des Umgangs mit den Patienten machen die Lektüre glaubhaft und spannend.

Sprachlich wird der Roman gewürzt durch zahlreiche Termini technici sowohl des medizinischen Milieus als auch der Gangstersprache, die der Autor wohldosiert einzuflechten weiß. So könnte man den Roman als einen „silk hat“ (ein öffentlich respektiertes Gang-Mitglied) seines Genres bezeichnen.

Ganz besonders besticht die allmähliche Verflechtung des Therapeuten-Ichs mit der Story. Die rückt ihm auf diese Weise einerseits selbst auf den Leib, beginnt ihm aber auch gleichermaßen zu entgleiten. Psychotische und zwanghafte Züge, die er bei seinen Patienten so souverän mittels hypnotischer Technik zu behandeln weiß, verwirren zunehmend sein eigenes Leben.

Glänzend versteht es der Autor, diese Verflechtung sowohl spannend als auch immer wieder so überzeugend zu schildern, dass der Schluss zwar folgerichtig anmutet aber doch auch noch eine letzte Überraschung bietet.

Auch seine Liebe zu Rimbaud und Baudelaire vermag Jan Turovski wieder einzuflechten, was den entsprechenden Stellen einen besonderen literarischen Touch gibt ohne aufgesetzt zu wirken.

Eine lohnende Lektüre!

Beachtend zu betrachten ist das Cover: Der Autor zeichnet graphisch und photographisch selbst dafür verantwortlich. Genauso wie auf dem Bild ist der Held des Romans in die Türme des Lebens eingespannt. Kann er da überleben?

Wikipedia
Deutsche Nationalbibliothek

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Sie war noch nicht gänzlich wach. Sie, und alles was sie umgab, war ein einziges Gefühl. Es gab keine Ecken und Kanten. Es gab weder Konturen noch Verläufe. Irgendwo mochten da Grenzen sein, doch sie fühlte sie nicht. Sie lag, sie schwebte.

Schauplatz Camden im Bundesstaat Maine. Eine Frau um die Dreißig erwacht in einem fremden Haus mit Mann und Kindern, die sie nicht kennt. Sie kennt sich selbst nicht. Ist sie erwachsen? Wie heißt sie? Woher kommt sie? Sie erwacht in angenehmen Umständen und Geräuschen. Ist sie etwa noch ein Kind? Doch ihre Brust ist gut entwickelt. Sie versteht: das alles hier hat sie sich einmal gewünscht. Sie möchte es vermutlich nicht missen, aber sie hat Angst, denn es war wohl nicht für sie vorgesehen. Ally Fullerton erwacht in einem gänzlich anderen Leben.

‘In einer Vorablektüre konnte ich feststellen, dass Jan Turovski, der hier in Chicago bei einer Lesung aus seinen Amerikanischen Kurzgeschichten vor ein paar Jahren großen Eindruck machte, so überzeugend schreibt, als sei er einer der anspruchsvollesten ‘native writers‘. Ein spannendes Buch, das auch hochliterarischen Lesern genügt.‘
Brad Madsen Chicago Reader

Mehr Informationen und Leseprobe


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Paris. Mai 68. Umbruch. Alexandre als Student mittendrin – und doch zuallererst seinen eigenen Interessen nachspürend. Der Sohn aus bürgerlichem Haus arbeitet neben seinem Studium der Literatur als Hauslehrer für zwei störrische Töchter bei den Bourgins, beide sind noch Teenager, wobei es sich nicht vermeiden lässt, dass er sich in die Dame des Hauses sowie in das Hausmädchen verliebt.

Man siezt sich in solchen Kreisen auch noch im Frankreich der zu Ende gehenden de-Gaulle-Ära. Selbst nach dem Austausch von Leidenschaften, auch nach Treuebrüchen der verschiedensten Art, denn die beiden Frauen sind beileibe nicht Alexandres einzige Geliebte.

Etikette oder wahre Liebe, Spiel oder Ernst, wie findet man das Glück der Zweisamkebrbrit in einer Umbruchzeit, die so vieles verspricht? Gibt es die Frau, von der Alexandre sagen könnte: Als ich sie das erste Mal sah, wusste ich, dass mein Haus kein Dach mehr hatte?

"Der in Bonn lebende Jan Turovski gehört zu jenen Autoren, die bemerkenswert gute Literatur schreiben, ohne großes Aufheben von sich zu machen." Mannheimer Morgen

Jan Turovski (Autor), Klaus Servene (Hg.): Madame Bourgin, Roman, Paperback, 156 Seiten, ISBN-13: 9783748112464, edition andiamo, Hamburg; Verlag: Books on Demand, 12,- €

Besprechung Bonner Generalanzeiger

Rezension Mannheimer Morgen

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Roman, kartoniert, 204 Seiten, ISBN 978-3-936625-85-1

Jahre, nachdem Paul Leduc offiziell in seinem eigenen Haus einem Feuer erlegen, bis zur Unkenntlichkeit verbrannt ist, sieht ihn seine ehemalige Mitschülerin Odile Féret, plötzlich und vollkommen unerwartet, im Küstenort Gravelines am Ärmelkanal, wohin sie eine Busreise unternommenn hat. Paul Leduc lebt!

Odile, eine Frau mit einem geregelten Alltag im belgischen Kleinstadtmilieu und mit einem klaren Kopf, mit geregelten Gefühlen ohne besondere Ausschläge, wird nun nicht mehr zur Ruhe kommen. Sie hat ihn wiedergesehen, den sie, ohne dass er es ahnte, immer geliebt, bewundert und auch beobachtet hat, ohne ihm je ihre Gefühle zu offenbaren. So, wie sie sich selbst nicht verraten hat, wird sie auch ihn nicht verraten, hierin ihren literarischen Vorbildern nacheifernd.

Rund dreißig Jahre nach seinem Romandebüt Die Sonntage des Herrn Kopanski bei Benziger, Zürich, legt Jan Turovski mit seinem neunten, veröffentlichten Roman eine Coming in age Geschichte vor, in der erneut Sprache, Beobachtung, Spannung und auch Humor faszinierend neu verbunden werden.

"Der in Bonn lebende Jan Turovski gehört zu jenen Autoren, die bemerkenswert gute Literatur schreiben, ohne großes Aufheben von sich zu machen." Mannheimer Morgen

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Neuauflage 2013:

Der Rücken des Vaters, Roman, 3. Aufl. Mannheim 2015, Andiamo Verlag, Paperback, 156 Seiten, 12 €, ISBN 978-3-936625-76-9

»Leduc wollte nicht mehr, dass irgendein Laster, irgendeine Abweichung Vormundschaft über sein Leben und seine Handlungen erhielte. Kein Mensch sollte ihn je wieder dirigieren.«

Europa, wo es unverfänglich scheint: In einer kleinen Stadt in Belgien. Eine Bierbrauerdynastie: Die van de Loos und ihre Tochter Henriette, die für einen Erben sorgen sollte. Leduc schien genau der Richtige zu sein, ein »Enkelmacher«, muskulös, zäh, arbeitsam, anspruchslos und gut zu lenken ... Aber nun sehen wir Leduc dabei zu, wie er sich auf seine immer wiederholenden Spaziergänge macht durch Kleinstadt, Seele und Erinnerung - während er seine getrennt lebende Ex-Ehefrau Henriette in seinem Keller gefangen hält. Vorerst kommuniziert er mit ihr nur per Sprechfunk ...

Vorbei am rauchenden Kamin der Metzgerei geht Leduc, am Friseur und Anwaltsbüro, an den Gräbern seiner Eltern, nichts geschieht hier ohne Beobachtung, jedes Abweichen und innere Zögern wird registriert und zur quälenden Selbstrechtfertigung vor den Anderen, die in ihrer Alltäglichkeit zu skurrilen Figuren und gar Monstren werden. Die pittoreske Ordnung der Dinge und der Natur ist tiefengestört. Unter der Kleinstadt-Idylle liegt das Monströse, nicht das Erwartete tritt als Folge der kleinlichen Kontrollen, Planungen und Berechnungen auf – sondern ein folgenschweres Missverständnis und eine Katastrophe, die man so nicht erwartetet hat.

Leducs Selbstbefreiungsversuch – eine mörderische Farce?

Der Rücken des Vaters - Pressestimmen

Mannheimer Morgen
Bonner Generalanzeiger

Zur Erstausgabe:
„Ein Psychokrimi mit poetischer Sprache, ein Roman, der bis zuletzt Spannung aufkommen lässt.“ (Schaufenster, Bonn)

„Mit Gefühl für Wahrnehmungsmuster hat Turovski ein Szenario geschaffen, das seine Spannung aus gegensätzlichen Begriffspaaren – Stille und Lärm, Traum und Handlung – bezieht.“ (Münchner Merkur)

„Jan Turovski zeichnet dies unscheinbare, aber eben doch tragische Leben eines Mannes und einer Kleinstadt wortgewandt auf. Feinziseliert reiht er detailliert Szene an Szene, die jede für sich starke Bilder evoziert. Für Spannung sorgen die psychologischen Abgründe, die auf jeder Seite mit ihrer undurchdringlichen Schwärze drohen. Die Sprache gleicht der eines unbeteiligten, distanzierten Beobachters, wie er in persona als unbekannter Fremder im Roman selbst auftaucht. Gleichwohl zeigt Turovski offene Anteilnahme an seinem Helden, dem die kleinstädtische Enge Schutzmantel und Würgegriff zugleich geworden ist.“ (Hessische/Niedersächsische Allgemeine Zeitung, Kassel)

„Die Enge, den Standesdünkel und die festgefahrenen sozialen Verhältnisse einer kleinen Stadt an der belgischen Grenze, beschreibt der Bonner Jan Turovski treffend in seinem zweiten Roman.“ (General-Anzeiger, Bonn)

„156 Seiten, die von einer latenten, subtil aufgebauten Spannung durchdrungen sind. ... so schildert Jan Turovski in sprachlich mächtig aufgeladenen Bildern – durchsetzt mit traumartigen Rückblicken auf Jugend und Ehe – wie Leduc seine Frau im Keller seines Hauses einsperrt, als sie eines Tages entgegen der Abmachung doch noch einmal bei ihm auftaucht. ... Näheres dazu zu berichten, käme einem Verrat an der so fein aufgebauten Geschichte und ihrem überraschenden Ende gleich...“ (Neue Westfälische Zeitung, Bielefeld)

„Ein spannendes, aus der Sicht Leducs erzähltes Buch mit unerwarteten Wendungen.“ (Besprechungen Annotationen, Reutlingen)

„Auch in Der Rücken des Vaters spielen Schuld und Vergeltung eine zentrale Rolle. … Mit leisen, eindringlichen Worten schildert der Autor den schleichenden Wandel des Protagonisten. Eine große Rolle spielt die Umgebung: Turovski hat seine Geschichte in einer fiktiven belgischen Kleinstadt angesiedelt. Eindrucksvoll gelingt es ihm, die depressive Wirkung dieses Städtchens zu schildern, in dem Grau die hervorstechende Farbe ist und der Regen nie enden will. Die ewig gleichen Menschen, die jeden Abend den gleichen Platz im gleichen Lokal einnehmen, stehen für eine Umgebung, in der jeder jeden kennt und ein Abweichen vom vorgezeichneten Weg sofort registriert wird.“ (Kölner Stadt-Anzeiger)

„Der in Bonn lebende Autor Jan Turovski erzählt diese Geschichte als Alltagsgeschichte, die auf Elemente einer spektakulären Dramaturgie verzichtet, um schließlich zur unvermeidlichen Eskalation des Geschehens im Finale hinzuführen, die auf verschiedenen Erzählebenen – Traum und Wirklichkeit - gelagert, zwei gänzlich verschiedene Variationen des Romanendes vorstellt. Der doppelte Schluss als anti-illusorischer Handgriff... Turovskis Roman entfaltet eine unpathetische Trostlosigkeit. Wir sehen Leduc dabei zu, wie er sich auf seine immer wiederholenden Spaziergänge macht. Vorbei am rauchenden Kamin der Metzgerei, am Friseur und Immobilienbüro in dieser Null-Idylle seiner grau-grauen Heimatstadt, während Gedanken in seinem Kopf träge von hier nach dort, von gestern nach morgen treiben. Es ist diese geduldige und nüchterne Darstellung einer äußeren wie inneren Ödnis, die Turovski so gekonnt betreibt, dass aus ihr allein die Geschichte ihre diffuse Spannung erhält.“ (Junge Welt, Berlin)

„In seinem neuen Roman Der Rücken des Vaters greift Jan Turovski gewohnt voll in den sprachlichen Ausdruck. Eine spannende Familiensaga.“ (Mainpresse, Mainz)

„Der Autor Jan Turovski zeigt, wie ein desillusionierter einsamer Mann sein Leben Revue passieren lässt. Die Gegenwart des Protagonisten wird quälend heimgesucht von Bildern aus vergangenen Zeiten, die sein jetziges Handeln bestimmen. Turovski überzeugt wenn er schnörkellos formuliert. Dann gelingen ihm bei seiner Liebe zum Detail und ausgeprägter sinnlicher Wahrnehmungsfähigkeit Szenen von hoher atmosphärischer Dichte.“ (Badisches Tageblatt)

„Der beklemmende Spaziergang von Jan Turovski durch das belgische Kleinstadtszenarium und die seelischen Abgründe seiner Bewohner hat hohes literarisches Niveau. Mit glänzender Formulierungsgabe und bilderreicher Sprache versteht es der Autor, dem Leser Einblick in den tiefen Konflikt, den sein Protagonist mit sich selbst austrägt, zu verschaffen.“ (Das neue Buch, buchprofile)

„In einer stilistisch faszinierenden Mischung aus Poesie und Prosa, Vor- und Rückblenden, wechselnden realistischen Augenblicksszenarien und alle Möglichkeiten in Erwägung ziehenden fiktiven Gedanken, wächst in Pauls Unterbewusstsein ein von langer Hand, wie es scheint, vorbereiteter Plan, der sich spannend und zügig entwickelt. Es ist die traurige Geschichte eines bedauernswerten Menschen, für den sich kein anderer Ausweg ergibt, als zum Mörder zu werden, weil schließlich kein Ausweg auch einer ist.“ (Main-Echo, Aschaffenburg)

Wikipedia
Deutsche Nationalbibliothek

Drei Pressestimmen zu Turovskis erstem Roman Die Sonntage des Herrn Kopanski

Jan Turovski erzählt die Geschichte Kopanskis ... mit großer Sprachdisziplin. , .. Akribische Genauigkeit in der Charakteristik, spannende Handlungsabfolge ... und eine zeitnahe Thematik machen Jan Turovskis Roman zur fesselnden Suche nach der Lebenswahrheit.
Kölnische/Bonner Rundschau

In „Die Sonntage des Herrn Kopanski" schildert Turovski in eindringlicher Sprache, wie der Realitätsverlust des Mannes alle Hoffnung auf Liebe und Wärme in einer Katastrophe enden läßt.
Hörzu

Es ist eine Geschichte von Einsamkeit, Realitätsverlust und zunehmend wahnhafter Verzerrung der Wirklichkeit, die der in Bonn lebende Jan Turovski in seinem ersten Roman erzählt. In einer seltsam kurzatmigen Kunstsprache folgt Turovski seinem namensähnlichen Helden stets beklemmend dicht, so daß der Leser ganz auf die eingeschränkte Weltsicht des zugleich bedauernswerten und gefährlichen Kopanski verwiesen bleibt.
Die Zeit

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Jan Turovski: Almuts Affären, Roman, 200 Seiten, Paperback, 13.90 €, ISBN 978-3-936625-78-3

Jan Turovskis skurril-melancholische Hommage an die Liebe der Frauen.

Sie hätte bei dem Gedanken gelächelt, dass keine Obduktion, keine Untersuchung, kein Sezieren von Körper und Leben in der Lage ist, einen Menschen vollkommen zu fassen und zu enthüllen. Was zählt da ein einziges verdorbenes Bein!

Almut Köhler, 59, führt erfolgreich die Pension Zum Halben Hahn in einer süddeutschen Universitäts- und Festspielstadt. Man kennt sie im Viertel, sie ist beliebt, setzt sich für ihre Leute ein. Studenten, Schauspieler, Sänger, Choristen, Ballett-Tänzer, Deutsche wie Ausländer. Doch sie leidet, weil sie leicht gehbehindert ist und glaubt, darum nicht die Liebe zu finden, von der sie träumt. Zum Ersatz lauscht sie an Zimmertüren, sieht vom Fenster aus in andere Fenster, malt sich Liebesszenen aus, mit nichtsahnenden Männern, wie ihrem Buchhändler, ihrem Apotheker und ihrem Arzt. Heimlich trägt sie Reizwäsche, genießt das öffentliche Leben wie ein Theater-Voyeur und führt privatim wie eine Filmregisseurin fremde Bilder, Geräusche und Gerüche zusammen; gerade so, wie es ihr gefällt.

An einem Dezembertag inszeniert sie ihren Freitod. Sie stirbt, doch auf verblüffend unerwartete Weise lebt sie weiter ...

Weiterleben kann nur, wer in die Welt sieht, als befinde er selbst sich im Zentrum. Zuweilen scheint es sinnlos, dass so viele das Gleiche tun.

Besprechung im Mannheimer Morgen: Der Funke des Eros; 15. Januar 2016 Hier

Besprechung im Bonner Generalanzeiger Hier.

Jan Turovski beschenkt uns wieder mit einem neuen Roman, diesmal mit der Entfaltung dessen, was er in der Seele einer Frau findet bzw. in sie hineindenkt. Schon die Abbildung auf dem Cover – wie gewohnt vom Autor selbst gestaltet – weist auf Verschattetes hin mit vielen Fenstern, die sowohl hinaus- als auch hereinzuführen scheinen. Geheimnisvoll auf jeden Fall.
Was geht im Inneren einer Frau vor, die einerseits ein aktives, scheinbar erfülltes Leben führt und andererseits doch einer körperlichen Behinderung prägenden Einfluss auf ihr Dasein einräumt! So ist sie gezwungen sich eine Art Scheinleben durch die „Teilnahme“ am Erleben anderer – ihrer Hausgäste zumal - zu verschaffen und imaginierend zu erweitern. Der Autor folgt ihr und führt sie doch gleichzeitig, sodass der Leser überrascht und wohl auch skeptisch auf die Fortsetzung wartet. Affären sind es, kurzzeitig, nicht tiefgehend, mit denen Almut ihren Lebensweg pflastert, damit er nicht im Gestrüpp von Langeweile, Depression und Enttäuschung stecken bleibt. Nein, sie versteht es, immer wieder eins der Fenster, die auf dem Cover geheimnis- und doch auch verheißungsvoll Nebel- und Sonnenstrahlen brechen, aufzustoßen.
Theater ist ein Schlüsselwort – in vielerlei Beziehung in ihrem Leben präsent bis zu dem überraschenden Schluss, der hier nur angedeutet werden soll. Ihr Leben rundet sich und endet nicht wirklich.
Jan Turovski ist wieder ein Kabinettstückchen gelungen, dessen Lektüre den Leser so kurzweilig wie nachdenklich entlässt. Man ist gespannt auf das nächste Buch!

Dr. Ilse Zilch-Döpke, Berlin