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Das sprichwörtliche Leben - Roman von Jan Turovski

Jan Turovski: Das sprichwörtliche Leben, Roman, 2. Auflage, 184 Seiten, Paperback, 13.90 €, ISBN 978-3-936625-77-6 Andiamo Verlag

Fritz Kohnen, einer der letzten Schrankenwärter der Deutschen Bahn, nun im Alter unter Parkinson leidend, muss vom Fenster seiner Wohnung aus mit ansehen, wie sein Bahnwärterhaus einschließlich der Handkurbeln, die er über vierzig Jahre lang betätigte, abgerissen wird. Es soll durch eine moderne, automatische Anlage ersetzt werden. Fritz Kohnen fühlt sich bedroht. Seine Alltagsroutine wird zunehmend unalltäglich. Selbst banalste Abläufe werden für ihn und seine Frau Elfriede zu hohen Hürden. Die Erinnerungen gewinnen Raum und Zeit. Eine ihr verheimlichte Liebesbeziehung während des Krieges tritt zutage. Deren Folgen entdeckt man nur einige Zeit später im Sockel des Bahnwärter-Häuschens, mumifiziert ...

Jan Turovski, geboren in Bielefeld, lebt in Bonn. 1988 erschien sein vielbeachtetes Romandebüt »Die Sonntage des Herrn Kopanski« bei Benziger in Zürich. Nach den Romanen »Der Rücken des Vaters« und »Sophie fatale ...« ist »Das sprichwörtliche Leben« Turovskis dritter Roman bei Andiamo.

Besprechung Das sprichwörtliche Leben von Jan Turovski im Mannheimer Morgen Hier - und im Bonner Generalanzeiger Hier.

Dr. Ilse Zilch-Döpke, Berlin:

Sprichwörtlich ist das Leben des Mannes, der im Mittelpunkt dieses Romans von Jan Turovski steht, eigentlich nicht. Oder doch, denn der Autor nutzt eloquent, witzig und unterhaltsam diese Idee, Sprichwörter in bewundernswerter Fülle, in seinen Roman einzustreuen. Dadurch zieht er das Geschehen immer wieder auf die Ebene des Alltäglichen, ordnet es ein in das Erleben des Durchschnittsbürgers, verblüfft aber auch manchmal mit der Doppeldeutigkeit des „Sprichwörtlichen“.

Alltäglich ist nichts im Leben dieses Mannes, der einerseits die Vergangenheit fest in seinen Händen und seinem Hirn festhält und sich mit allen seinen Mitteln gegen das Fortschreiten der Zeit und damit gegen die unausweichliche Veränderung wehrt. In diesen Zwiespalt ist auch die Beziehung des alten Paares eingepasst, das sich einerseits mit der lebenslangen Auseinandersetzung und Anpassung Halt gibt und nimmt und sich mit einem Geheimnis, das über die Jahre „unter der Decke“ blieb, auch fremd ist. Der refrainartig auftauchende psychosomatische Erinnerungsblust an eine spontane körperliche Begegnung hilft da wenig.

Meisterhaft versteht es der Autor, die Symptome der beiden Alterskrankheiten des Protagonisten mit genau recherchierten Einzelheiten – wie beiläufig – zu schildern. Wie genau hat er dem Leben abgeschaut, dass ein Mensch auch mit seinem Körper und seinen Symptomen kommunizieren kann. Umso tragischer, wenn der Partner die Botschaft nicht versteht. Das gilt hier für die beiden Paare, bzw. eigentlich sind es sogar drei Paargemeinschaften, in denen die drei handelnden Personen sich verschränken.

Mit großartiger Spannung, die der Autor immer wieder durch Details zu würzen oder aber durch einen unerwarteten Schwenk des Geschehens aufrecht zu erhalten weiß, wird der Leser bis zum – versöhnlichen aber doch auch tragischen – Schluss mit Vergnügen und Neugier beim Schicksal dieser Menschen gehalten. Gerne und mit Mitgefühl folgt man den Vorkommnissen und den Verwicklungen, in die der Autor das Geschehen am Ort der Bahngeleise und in der Psyche der Protagonisten zu verbinden und auch gegeneinander prallen zu lassen weiß.

Wer andere Bücher Jan Turovskis kennt, staunt ob der „Fülle der Gesichte“, die dem Autor zu Gebote stehen und der Eleganz, mit denen er sie zu runden Storys bündelt.

Wikipedia
Deutsche Nationalbibliothek

Drei Pressestimmen zu Turovskis erstem Roman Die Sonntage des Herrn Kopanski

Jan Turovski erzählt die Geschichte Kopanskis ... mit großer Sprachdisziplin. , .. Akribische Genauigkeit in der Charakteristik, spannende Handlungsabfolge ... und eine zeitnahe Thematik machen Jan Turovskis Roman zur fesselnden Suche nach der Lebenswahrheit. Kölnische/Bonner Rundschau

In „Die Sonntage des Herrn Kopanski" schildert Turovski in eindringlicher Sprache, wie der Realitätsverlust des Mannes alle Hoffnung auf Liebe und Wärme in einer Katastrophe enden läßt. Hörzu

Es ist eine Geschichte von Einsamkeit, Realitätsverlust und zunehmend wahnhafter Verzerrung der Wirklichkeit, die der in Bonn lebende Jan Turovski in seinem ersten Roman erzählt. In einer seltsam kurzatmigen Kunstsprache folgt Turovski seinem namensähnlichen Helden stets beklemmend dicht, so daß der Leser ganz auf die eingeschränkte Weltsicht des zugleich bedauernswerten und gefährlichen Kopanski verwiesen bleibt. Die Zeit